Von der Mitte bis zum Rand und zurück? – Das Problem heißt Rassismus!

Anfang der 90er kam es deutschlandweit – so in Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen und vielen weiteren Städten – zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Asylbewerber_innen. Begleitet wurden diese Ereignisse durch einen gesamtgesellschaftlichen „Asyldiskurs“ („Das Boot ist voll“), der durch rassistische Bilder und einen nationalistischen Taumel nach der Wiedervereinigung dominiert war. Anfang August 2013 eröffnete in Berlin Marzahn-Hellersdorf eine Unterkunft für Asylbewerber_innen. Schon im Vorfeld der Eröffnung kam es zu Diskussionen und rassistischen Äußerungen gegenüber den zukünftigen Bewohner_innen dieser Unterkunft. Hier wurde das rassistische und nationalistische Gesicht von vielen der „besorgten“ Bürger_innen offensichtlich, gemeinsam mit organisierten stadtbekannten Nazis riefen sie „Nein zum Heim“.

In diesem Schulterschluss, aber auch in den rassistischen Auswüchsen eines gesellschaftlichen Krisendiskurses, zeigen sich Parallelen zu einer Stimmung von vor 20 Jahren. Diese Parallele belegt, was die Geschehnisse in Marzahn-Hellersdorf an sich verdeutlichen: Die Gründe warum der deutsche Mob gegen die Flüchtlingsunterkunft hetzt, fußen in einer rassistischen Ideologie, die sich nicht allein an den rechten Rand der Gesellschaft verbannen lässt. Das was zum Beispiel vom Berliner Innensenator Henkel als „die Ängste von Anwohnerinnen und Anwohnern“ verharmlost wird, sind der aggressive Ausdruck rassistischer Ressentiments, die tief in der bundesdeutschen Gesellschaft verankert sind. Das Argument, es gäbe auf der einen Seite die organisierten Rassist_innen und auf der anderen Seite die besorgten Bürger_innen und beidehätten nichts miteinander zu tun, wird dann hinfällig, wenn sich rassistische Denkweisen in allen Bereichen der bundesdeutschen Gesellschaft vorfinden lassen. Wir begreifen den hetzenden Mob, organisierte Nazistrukturen und die staatlichen Institutionen zur Unterbringung von Flüchtlingen selbst als unterschiedliche Formen in denen Rassismus offensichtlich wird.

Die Gefahren, die von einer rassistischen Grundeinstellung der deutschen Gesellschaft ausgehen, liegen nicht nur in den Momenten der aggressiven Äußerungen, wie zur Zeit in Marzahn- Hellersdorf und Duisburg, sondern auch in der Anschlussfähigkeit organisierter Nazis und Rechtspopulist_innen an vermeintlich unpolitische Bürger_innen. Vor diesem Hintergrund darf eine rechtspopulistische Mobilisierung, wie sie aktuell im Wahlkampf zu beobachten ist, nicht unkommentiert bleiben.

Rechtspopulist_innen, wie Pro Deutschland, die Alternative für Deutschland (AfD) und die Freien Wähler stützen sich dabei auf einen vermeintlichen „Volkswillen“, den sie zum Ausdruck bringen. Sie gehen von einem „homogenen deutschen Volk“ aus, das sich über die Abgrenzung gegenüber dem Anderen bestimmt. Die Werte des Eigenen sollen gegenüber der wahrgenommenen Überfremdung durch ein Anderes geschützt werden. Beispielsweise wird „der Islam“ (auch hier wird von einer homogenen Religion ausgegangen) als etwas Fremdes wahrgenommen, dass nicht als Teil der „deutschen Kultur“ verstanden wird. Auf diese Vorurteile und Argumentationsmuster greifen die angeführten Parteien gleichermaßen zurück.

Niemand soll für die „Pleitegriechen“ zahlen (AfD), Moscheen werden als Ausdruck der „Islamisierung“ gesehen (Pro Deutschland) und Deutschland muss vor Zuwanderung „gerettet“ werden (Freie Wähler). Flüchtlinge und Migrant_innen werden als „kriminell“, „schmutzig“ und „schmarotzend“ bezeichnet. Gleichzeitig bezeichnen sich die rechtspopulistischen Parteien als „Bürger_innen“, die mit extremen Rechten nicht zu tun haben wollen. Dem widersprechen nicht nur personelle Überschneidungen, sondern auch der gemeinsame Rückgriff auf die selben rassistischen Stereotype.

 

Kurz vor der Bundestagswahl 2013 kommen viele dieser Parteien auch nach Frankfurt und versuchen ihre politischen Positionen dem „Volk“ näher zubringen.

Wir rufen alle Antifaschist_innen dazu auf, sich den Rassist_innen in den Weg zu stellen. ihre Kundgebungen zu verhindern und dem Rassismus, der offensiv vertreten wird, etwas entgegenzusetzen. Denn, wo ein deutsches Volk imaginiert und die angeblich „berechtigte“ Sorge als harmlos inszeniert wird, gilt es zu intervenieren.

*Der Alternative für Deutschland, Pro Deutschland und den Freien Wählern die Tour vermasseln!*

*Rechtspopulismus stören! Rassismus bekämpfen!*

*Für eine emanzipatorische Gesellschaft!*

 

turn*left, Frankfurt/Main September 2013